Kegeln

Kegeln ist ein uraltes Geschicklichkeitsspiel, das sich im Laufe der Jahrhunderte vom reinen Spiel zu einer Wettkampfsportart entwickelt hat. Bereits im Jahr 1797 gab es in Rostock zwei Kegelbahnen im Apothekergarten in der Schwaanschen Straße und in der Gaststätte „Schießhaus“ am Wall. Sie waren in den jeweiligen Gärten zu ebener Erde angelegt. 1847 entstand die erste überdachte Kegelbahn in der Gaststätte „Norwegen“ am Stadthafen.

In Warnemünde dauerte es ein bisschen länger Dort hat erst Anfang des 20. Jahrhunderts das Kegeln seinen Eingang gefunden, es war aber gleich etwas solider. Ausgangspunkt dafür war, dass Kapitän Jungmann, nachdem er sich zur Ruhe gesetzt hatte, die Ersparnisse aus seiner Seefahrerzeit dazu benutzte, sich am Alten Strom 32 ein Hotel zu bauen. Es wurde im Juni 1776 eröffnet und dürfte damit die älteste Kneipe Warnemündes sein. 1902 übernahm Friedrich Burmeister dieses Anwesen. Er ließ in einem Zwischenbau, eingeengt durch zwei Häuser des Hotels, im Jahr 1908 eine Kegelbahn errichten.

Es darf davon ausgegangen werden, dass sowohl in Rostock wie auch in Warnemünde diese Kegelbahnen natürlich mit heutigen Wettkampfanlagen nicht zu vergleichen sind. Erst im Jahr 1922 war die Entwicklung des Kegelsports so weit fortgeschritten, dass Normen für Kegelbahnen, für Kegel und für Kugeln existierten. Diese sind, mit geringen Veränderungen, auch heute noch gültig. Wesentlich dabei ist aber, dass die Kegelbahn in Warnemünde eine Bohlebahn war, dass heißt, sie hatte eine gekehlte Lauffläche und bestand aus Holz. Die drei anderen im Deutschen Keglerverband gleichberechtigt existierenden Sportkegelarten Classik (Asphalt), Schere und Bowling wurden in Warnemünde nie betrieben.

Angeregt durch das Vorhandensein dieser Bahn, gründete sich in Warnemünde  im November 1910 der erste Kegelclub „Klashahn“ und im nächsten Jahr der Klub „Scharfe Kante“. In den nächsten Jahren war diese Bohlebahn im Hotel Jungmann weiter der Treffpunkt der Warnemünder Kegelfreunde.

Mitte der 1920er Jahre dachte der Besitzer des Hotels über eine Erweiterung der Anlage nach. Auf Dauer war eine einzige Bahn für die zunehmende Anzahl von Keglern doch etwas zu wenig.  Eine Besonderheit dieses Spiels oder dieser Sportart besteht eben darin, dass bauliche und technische Voraussetzungen vorhanden sein müssen. Fußball kann man überall spielen, zumindest als Hobbybolzer.

In den Zwischenbau, in dem bereits vorher die eine Bahn bestanden hatte, wurde nun eine Zweibahnanlage installiert. Diese Kegelanlage wurde am  21. Februar 1926 eröffnet, also zu einer Zeit, als sich der Sportpalast in Rostock mit 12 Bohle-, einer Asphalt- und einer Scherebahn noch in Bau befand.

Noch vor der offiziellen Eröffnung, praktisch zum Test der Anlage, startete der Rostocker Klub „Eiche von 1898“ gegen „Scharfe Kante“ Warnemünde in einem Freundschaftskampf. Damit begann auch in Warnemünde offiziell das Sportkegeln!

Diese neue Anlage in Warnemünde war über mehrere Jahrzehnte das Zentrum des dortigen Kegelsports. Am 10. Oktober 1926, also wenige Monate nach Eröffnung der neuen Zweibahnanlage,  feierte das Hotel Jungmann den 150. Jahrestag seines Bestehens. Dieses seltene Jubiläum brachte auch für die Kegler einen echten Höhepunkt und zeigte gleichzeitig die doch recht stürmische Entwicklung des Warnemünder Kegelsports.

Die Witwe des inzwischen verstorbenen Hotelbesitzers stiftete eine „Friedrich-Burmeister-Gedächtnis-Plakette“ – als Wanderpokal für die Warnemünder Kegelklubs.

An diesem Wettkampf beteiligten sich nicht weniger als sechs inzwischen dort bestehende Klubs: „Junge holt fast“, „Freie Bahn“, Eisenbahnerbeamten-Kegelklub „Flügelrad“, „Scharfe Kante“, „Klashahn, Fliegerklub „Böig“. An sechs aufeinander folgenden Sonntagen startete je ein Klub mit fünf Mann. Jeder Kegler hatte 200 Wurf zu absolvieren, nach 100 Wurf war eine Pause von zehn Minuten festgelegt.

Wie überall war damit auch in Warnemünde eine Trennung der Interessen entstanden. Ein Teil der Klubmitglieder blieb Freizeit- oder Hobbykegler, andere begannen nun mit dem Sportkegeln.

Nachdem bereits im Jahr 1921 der „Keglerverein Rostock“ entstanden war, gründeten nun am 5. Februar 1928 diese sechs Warnemünder Kegelklubs einen eigenen Verein und schlossen sich dem Deutschen Keglerbund an. Der Verein existierte selbständig und gleichberechtigt neben dem Rostocker Keglerverein und führte auch eigene Wettkämpfe durch. Es dauerte aber bis zum April 1930, ehe die beiden Keglerverbände von Rostock und Warnemünde erstmals zu einem Freundschaftskampf aufeinander trafen Mit Hin- und Rückkampf wurde sowohl im Hotel Jungmann wie auch im Sportpalast gestartet. Über die Ergebnisse liegen keine Unterlagen mehr vor. Sie sind aber auch von untergeordneter Bedeutung.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahr 1933 erfolgten einige grundsätzliche Veränderungen in Struktur und Organisation des Kegelsports, die sich zum Teil auch in Rostock auswirkten. Unter anderem ordnete im Mai 1933 die Deutsche Sportführung eine Neugliederung an. Es wurden 15 Fachverbände gebildet, darunter als Fachverband 7 der „Deutsche Kegel- und Billardverein“. Im Rahmen der Gleichschaltung und damit der Zentralisierung des Sports wurde am 29. Juli 1933 der „Rostocker Volkssportverein“ ins Leben gerufen. Er galt als nationalsozialistische Dachorganisation für alle Rostocker Sportvereine, darunter auch für den Rostocker Keglerverein. Der langjährige Vorsitzende des RKV behielt seine Funktion, er wurde aber zum „Ortsgruppenführer Kegeln“.

Wesentlich anders verlief die Entwicklung in Warnemünde. Am 2. Februar 1934 berief der Vorstand des dortigen Keglervereins eine Generalversammlung aller Kegelclubs ein. Auf der Tagesordnung stand das Weiterbestehen des Warnemünder Keglervereins. Leider sind die Ergebnisse dieser Versammlung nicht in der Lokalpresse veröffentlicht worden. Es kann aber angenommen werden, dass eine Auflösung des Vereins stattgefunden hat, denn im Weiteren gibt es keine Informationen mehr über Aktivitäten des Vereins oder über Trainingsabende beziehungsweise Wettkämpfe der bisher bestehenden Warnemünder Kegelclubs.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Zusammenbruch des Faschismus führten überall in Deutschland zu einem politischen und sozialen Ausnahmezustand. Als Folgen eines sechsjährigen Krieges waren die Verkehrs-, Kommunikations- und Transportsysteme weitgehend zerstört. Ein großer Teil der männlichen Bevölkerung befand sich als ehemalige Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Nach Literaturangaben bestand Mitte 1945 fast die Hälfte der Bevölkerung in Mecklenburg aus Flüchtlingen, Evakuierten und anderen Ortsfremden.

Mit dem im August 1945 durch die Siegermächte beschlossenen Potsdamer Abkommen sollte gewährleistet werden, dass nie wieder von deutschem Boden ein Krieg ausgehen kann. Es bildete auch die Grundlage für die Alliierten Kontrollratsgesetze zur Liquidierung aller faschistischen Sportorganisationen. Das dazu erlassene Kontrollratsgesetz Nr. 2 ordnete die Auflösung aller faschistischen Organisationen und Einrichtungen an, darunter auch des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen – der ehemaligen Dachorganisation des gesamten Sports im faschistischen Deutschland.

Eine Direktive Nr. 23 vom 17. Dezember 1945 „Beschränkung und Entmilitarisierung des Sportwesens in Deutschland“ legte den 1. Januar 1946 als endgültigen Termin für die Auflösung der nationalsozialistischen Verbände fest, gestattete aber gleichzeitig den Aufbau neuer, demokratisch geleiteter Sportgemeinschaften örtlichen Charakters und erlaubte den Sportverkehr im Maßstab eines Kreises.

Wie durch ein Wunder waren die Kegelbahnen in Rostock und Warnemünde erhalten geblieben. Nachdem sich der Kegelverein Warnemünde im Jahr 1934 aufgelöst hatte, waren seit dieser Zeit auf der Zweibahnanlage im Hotel Jungmann keine offiziellen Wettkämpfe mehr durchgeführt worden. Während des II. Weltkrieges war sie ein Betätigungsfeld für Handwerker und Angestellte der Flugzeugwerke. Nun waren die Bahnen alt und verbraucht, aber sie hatten den Krieg unbeschädigt überstanden und die Kugeln konnten rollen.

Bereits 1947 fanden sich Enthusiasten zusammen, die auch in Warnemünde spontan kleine örtliche Kegelklubs gründeten. Nicht der Sport stand dabei im Vordergrund, es ging um Zerstreuung, um gesellige Freizeitbeschäftigung. Nachgewiesen sind aus Warnemünde die bereits aus den 30er Jahren bekannten  „Lat di man Tied“ und „Freie Bahn“ sowie  als neu entstandener Klub „Laubfrosch“.

Sehr wichtig für den Kegelsport in der DDR und damit auch für die Entwicklung dieser Sportart in Rostock und in Warnemünde ist ein im April 1951 gefasster Beschluss des Deutschen Sportausschusses der DDR „Über die Reorganisation des Sports in den Volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf Produktionsbasis“. Auf dieser Grundlage entstanden bis zum Jahr 1952 insgesamt 18 Sportvereinigungen und überall bildeten sich unter dem Einfluss von Trägerbetrieben Betriebssportgemeinschaften mit verschiedenen Sektionen, darunter auch Kegeln.

Aus den verschiedenen neu entstandenen Kegelvereinen in Warnemünde gründete sich im Jahr 1953 die Sektion Kegeln in der BSG Motor Warnowwerft. Nun zeigte sich der Vorteil einer Betriebssportgemeinschaft mit einem Direktorenfonds, der auch für die Finanzierung von sportlichen Aktivitäten zuständig war. Die Warnowwerft pachtete die Kegelbahn im Hotel Jungmann und in vielen freiwilligen Aufbaueinsätzen der gesamten Sektion und mit materieller und finanzieller Unterstützung des Trägerbetriebes VEB Warnowwerft Warnemünde wurde die Zweibahnanlage umgestaltet und umfangreich saniert.

Bis Ende der 1990er Jahre dienten diese beiden renovierten Bahnen der BSG Motor Warnowwerft / SG Warnemünde als Trainingsstätte. Hervorragende Kegler wie die Sportfreunde Rudi Haufe, Jacob Mengel, Herbert Behlich, Walter Klatzek und Dieter Schmidt haben sich dort vorbereitet und viele Erfolge erkämpft. Im Jahr 1974 errangen die Senioren der BSG sogar den DDR-Mannschaftsmeistertitel.

Das Jahr 1964 brachte eine grundsätzliche Neuerung im Kegelsport. Seit jeher bestand ein Problem darin, dass eine Kegelbahn sehr schnell wieder zum nächsten Wurf bereit sein soll. Das heißt, die gefallenen Kegel müssen in kurzer Zeit wieder aufgestellt sein. Beim Bohlekegeln mit einem 7er – Schnitt bedeutet das viele körperlich anstrengende und exakt auszuführende Arbeitsschritte. Die mussten durch Sporthelfer, durch „Kegeljungen“ erledigt werden – und das über Stunden, egal ob Training oder Wettkampf. Oft standen nicht genügend Helfer zu Verfügung und die Kegler waren gezwungen, selbst füreinander zu arbeiten. Die vom Deutschen Keglerverband der DDR für diese Tätigkeit festgelegten Stundensätze von 1 Mark, später 2 Mark je Helfer waren auch nicht dazu angetan, besondere Anreize zu schaffen.

Das erste Funktionsmuster einer automatischen Kegelaufstellvorrichtung wurde im Jahr 1957 anlässlich der Weltmeisterschaft im Asphaltkegeln in Wien durch die „Federation Internationale des Quilleurs (FIQ)“ vorgestellt. Danach unternahm man überall in den europäischen Kegelländern große Anstrengungen, um  dieses Problem zu lösen. Man erwartete von einem automatischen Aufstellen der gefallenen Kegel eine bessere Auslastung der Trainingszeiten, eine Verkürzung der Wettkampfdauer und eine Vermeidung von Unfällen der Kegelaufsteller.

Auch in der DDR wurde die Aufgabe erkannt und in verschiedenen Betrieben, so in Hennigsdorf, Berlin, Karl-Marx-Stadt, Auma/Thüringen und Ruhland/Brandenburg versuchte man, funktionstüchtige Anlagen zu entwickeln. Die Hauptschwierigkeit bestand aber wegen der starren Planwirtschaft der DDR darin, – so wie bei vielen anderen neuen Geräten und Anlagen – geeignete Produktionsstätten für eine Serienproduktion zu finden. Was nutzte die beste Entwicklung, die beste Idee, wenn kein Betrieb die nötige freie Kapazität zum Serienbau zur Verfügung stellen konnte?

Glücklicherweise griff im Jahr 1962 die PGH „Stahl“ im Warnemünde das Problem auf. Ihr Vorsitzender Herbert Behlich war selbst aktiver Sportkegler bei der BSG Motor Warnowwerft. Er kannte natürlich die ganze Situation aus eigenem sportlichem Erleben. Unter Nutzung der bereits an anderen Stellen vorliegenden Erfahrungen fertigte die PGH ein Funktionsmuster für einen Halbautomaten, d.h. das Ingangsetzen der Automatik erfolge durch Knopfdruck vom Schreiber. Natürlich war auch das schon ein riesiger Fortschritt.

Für erste Erprobungen wurde dieses Muster in einer Garage des VEB Brauerei Triebsees in Rostock in der Rungestraße aufgestellt. Auf einer Länge von fast acht Meter konnte dort der Einschlag der Kugel und die danach ausgelöste Funktion des Automaten simuliert werden. In vielen, vielen Stunden nach Feierabend haben Angehörige der PGH „Stahl“ und Kegler der BSG „Empor“, gemeinsam an dem Gerät gebastelt, Änderungen und Verbesserungen vorgenommen bis alles so funktionierte, wie man es sich vorgestellt hatte.

Dann legte sich die PGH „Stahl“ voll ins Zeug. 1963 waren zwei Serienmodelle fertig und im November des gleichen Jahres wurden sie in der Zweibahnanlage im Hotel Jungmann in Warnemünde eingebaut. Das bot sich natürlich an. PGH und Kegelbahn hatten ihre Räumlichkeiten dicht nebeneinander, die Wege waren also recht kurz und Sportfreund Behlich kegelte selbst auf dieser Anlage.

Ausgiebige Erprobungen im Rahmen des Trainings der Sportfreunde der BSG Motor Warnowwerft auf dieser Anlage zeigten, das die  Automatik voll funktionsfähig war. Die PGH hatte gute Arbeit geleistet. Die Modernisierung der Bohle-Kegelanlagen konnte beginnen!

Im Jahr 1964 begann in Warnemünde die Serienfertigung. Bis zum Ende des Jahres stellte die PGH „Stahl“ 25 Aufstellautomaten fertig. Die ersten acht Automaten erhielt die Sporthalle in Rostock-Marienehe.

Diese Automaten haben bis Mitte der 90er Jahre, also rund 30 Jahre, ihre Aufgabe erfüllt. Bei fast täglicher mehrstündiger Nutzung zum Training durch 16 verschiedenen Bohlekegel-Sektionen in Rostock und Warnemünde- sowie zu Wettkämpfen von der Kreis- bis zur Oberliga haben sie ihre ständige Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt.

Aber nicht nur hier haben sich diese Anlagen der PGH „Stahl“ Warnemünde bewährt. Bis zum Ende des Jahres 1965 konnten alle 70 im Bezirk Rostock vorhandenen Bohle-Kegelbahnen von der Handaufstellung auf Automatikbetrieb umgestellt werden. Die beim Einbau in Warnemünde und in Rostock-Marienehe gesammelten Erfahrungen leisteten dabei gute Dienste.

Im Jahr 1970 gab es ein Jubiläum. Die PGH installierte im Volkssportzentrum des Kulturparkes in Berlin den 500. Aufstellautomaten.

Bis 1971, in weniger als zehn Jahren, schaffte es dieser kleine Betrieb aus Warnemünde, alle Bohle-Bahnen in der DDR auf diese neue Technik umzurüsten. Mehr als 620 Kegelbahnen wurden im Rahmen dieser Aktion modernisiert.

Etwa zur gleichen Zeit entwickelte und produzierte die Mathias-Thesen-Werft in Wismar eine Aufstellautomatik für Asphalt-Bahnen, die ebenfalls in der gesamten DDR zum Einsatz kam.

Damit haben diese beiden mecklenburgischen Betriebe einen entscheidenden Anteil am Aufschwung des Kegelsports in der DDR in den 1960er und 70er Jahren, denn es hat sich gezeigt, dass nach dem Einbau von Aufstellautomaten überall die Mitgliederzahl sprunghaft gestiegen ist.

Nach der Umrüstung der Bohleanlagen auf automatische Kegel-Aufstellvorrichtungen änderte sich nicht nur der Betrieb innerhalb der Sektionen. Verbesserte Trainings-bedingungen und wesentlich längere Trainingszeiten durch den Wegfall von Helfern, von „Kegeljungen“, waren die eine Seite. Aber es war jetzt auch möglich, ein anderes Wettkampfsystem einzuführen.

Beginnend ab Spieljahr 1964/65 fanden die Punktkämpfe nicht mehr in der Form Mannschaft gegen Mannschaft statt, sondern mehrere Teams starteten in Wertungsturnieren gegeneinander. Das galt auch für Wettkämpfe auf Bezirks- und Landesebene. Diese neue Gestaltung des Spielbetriebes war in allen Klassen – von der Kreisklasse bis zur Sonderliga – bis zum Jahr 1990 in der DDR gültig.

Das hatte allerdings zur Folge, dass Wettkämpfe nun wesentlich länger dauerten, als bisher. Bei einem Wettkampf mit allgemein üblichen vier Mannschaften und je sechs Startern auf einer Vierbahnanlage musste man bereits bei je 100 Wurf mit 4,5 bis 5 Stunden rechnen; in Warnemünde bedeutete das die doppelte Zeit, deshalb wurden dort die Turniere auf zwei Tage verteilt.

Ab Mitte der 1970er Jahre fanden auf dieser Anlage – durch die Kegler ständig in gutem Zustand gehalten – keine offiziellen Wettkämpfe mehr statt.

Von dieser Zeit an gab es in der DDR wegen der zu langen Dauer Wettkämpfe und Turniere nur noch auf Vierbahnanlagen.

Die Anlage in Warnemünde wurde aber von der BSG Warnowwerft weiter als Trainingsstätte genutzt. Die volle Auslastung der Bahnen in der trainingsfreien Zeit erfolgte durch Freizeit-mannschaften der einzelnen Abteilungen der Warnowwerft.

Die Jahre 1989/90 waren die Jahre des Umbruchs bzw. der Wende in der DDR. Es wurde eine Etappe eingeleitet, in der alle Menschen in der DDR mit der Tatsache konfrontiert wurden, dass alte, bisher unverrückbare Vorstellungen und Wertmaßstäbe in Politik und Wirtschaft einem erheblichen Wandel unterworfen und teilweise sogar in Frage gestellt wurden.

Das konnte natürlich am Sport nicht spurlos vorübergehen. Auch die Sportler, und mit ihnen die Kegler, standen vor totalen Veränderungen. Das bisherige Wirtschaftssystem auf der Grundlage von Staats-/Volkseigentum der Produktionsmittel wurde durch die Marktwirtschaft abgelöst. Damit fehlte den bisher bestehenden Betriebssportgemeinschaften die ökonomische Basis.

Im Rahmen der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten übernahm deshalb die ehemalige DDR die Organisationsstruktur des Sports in der BRD. Nach der Bildung des neuen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern aus den ehemaligen Bezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg ging der bisherige Bezirksfachausschuss (BFA) Rostock des Deutschen Keglerverbandes in den Sportkeglerverband Mecklenburg-Vorpommern ein. Der Kreisfachausschuß Rostock (KFA) beendete seine Arbeit.

Die Betriebssportgemeinschaften wurden aufgelöst und wandelten sich teilweise um in Sportgemeinschaften mit Vereinsstatus. Aus der BSG Warnowwerft Warnemünde wurde nun der Sportverein Warnowwerft Warnemünde.

Unabhängig von der neuen Gliederung mussten sich alle Sportkegler in den neuen Bundesländern von jahrzehntelang üblichen Begriffen trennen. Sie waren nun keine „Sportfreunde“ mehr, sondern „Sportkameraden“, der Sportgruß am Beginn und am Ende eines Wettkampfes lautete nicht mehr „Sport frei“ sondern „Gut Holz“; es starteten nicht mehr Frauen und Männer, sondern nun Damen und Herren, die Sektion Kegeln in der Sportgemeinschaft erhielt die neue Bezeichnung Abteilung.

Bis zum Jahr 1999 blieben die beiden Warnemünder Bahnen Trainingsstätte der dortigen Sportkegler. Der neue Besitzer des Hotel Jungmann (heute: Hotel „Zum Stromer“) war aber nicht daran interessiert, die beiden seit 1926 bestehenden Bohlebahnen weiter zu unterhalten. Nachdem bereits mehrere Aktive den Verein verlassen und sich der SG Bad Doberan angeschlossen hatten, gaben nun auch die noch verbliebenen Senioren den jahrelangen Kampf um eine Verlängerung des Pachtvertrages auf. In einer Mitgliederversammlung löste sich die SV Warnowwerft Warnemünde auf, die aktiven Kegler schlossen sich ESV Turbine Rostock an.

Quelle: Der Kegelsport in Warnemünde. Mit Auszügen aus Röseberg: Rostocker Bohlekegelsport – Eine Chronik. 2006 Ingo Koch Verlag.

2 Antworten auf „Kegeln“

  1. Ich habe bei Herrn Behlich von 1953 bis 1956 den Beruf Maschinenschlosser gelernt und war anschließend dort noch in seiner Werkstatt An Strom 8 bis Oktober 1957 beschäftigt.
    Den Beginn der Produktion des ersten Versuchsmodells für die automatische Kegelaufstell-
    anlage habe noch mitbekommen. Als erstes stand in der Werkstatt ein Gestell aus kräftigen
    Winkelstahlprofilen, die aus dickem Stahlblech selbst gefertigt waren. Mehr habe ich davon nicht
    mitbekommen, weil den Betrieb von Herrn Schlossermeister Herbert Behlich verließ.
    Ich war aber mehrere Jahre „Kegeljunge“ auf der Bahn im Hotel Jungmann. Einmal in der Woche
    haben wir zu zweit für die Kegelbrüder geschuftet, 3 Stunden für 4,50 Mark, fast ohne Pause.
    Die Brüder haben uns manchmal extra gejagt, um uns ins Schwitzen zu . Das war eine Extra-einlage. Hat Spaß gemacht. Man musste die Kugel hinter den Kegeln auffangen, bevor sie auf den Boden fiel und sie in die Bahn legen, damit sie zu den Keglern zurück gelangte. Dann wurde die gefallene Kegelzahl mit der Anzeige eingestellt und die Kegel mussten auch noch aufgestellt werden. Die nächste Kugel war aber schon unterwegs und kurz vor den Kegeln und musste aufgefangen werden u.s.w. und es hat trotzdem viel Spaß gemacht. Oft sind wir dann in das das Restaurant vom Ostseehotel am Strom gegangen, haben eine Bockwurst mit Kartoffelsalat gegessen und ein oder zwei Bier getrunken. Das Bier kostete 51 Pfennig, Pilsener 61 Pfennig pro 250 ml. Dann waren die 4,50 Mark fast alle. Das sind meine Erinnerungen als „Kegeljunge“ bei Jungmann für Herrn Behlich, Karl Lenk (Kalle) und deren Kegelbrüder.

  2. Ich hatte im Internet nach einer Bohle- Kegelbahnanlage in Rostock Marienehe gesucht und leider nichts gefunden. Aus den Bildern konnte ich aber entnehmen, dass das Sportgebäude noch steht. Mei Hintergedanke : ich war 1963 in den Bohle- Kegelverein (BSG Tiefbau Berlin) eingetreten. Diese BSG wurde vom Kegelverein Rostock Marienehe zu einem Freundschaftskampf eingeladen. Dieser Freundschaftskampf muss, meiner Erinnerung nach, im Frühjahr 1964 stattgefunden haben. Wir Berliner hatten verloren, denn die Kegler von Marienehe waren uns Haushoch überlegen. Wir sind damals mit dem Zug gefahren und sind von den Sportlern , die in Marienehe kegelten, privat bei ihnen zu Hause untergebracht worden. Ich erinnere mich gern an diesen Freundschaftskamf. Die Bahnanlage selbst war (meiner Erinnerung nach) eine Anlage mit acht Bahnen, mit Automatik – Kegelaufstellanlagen und sehr neu. Hinter dem Bahnenbereich konnten Zuschauer auf stufenförmig angeordneten Sitzreihen das Kegeln beobachten. Das war eine Sportanlage, wie ich sie vorher nie gesehen hatte. Von den damaligen Berliner Keglern glaube ich, dass ich der letzte noch lebende Kegler bin. Ich kegel heute noch, nicht im Wettkampf, aber im Trainingsbetrieb.

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